Wednesday, March 30, 2011

Du bist Deutschland!

Gestern kam es unverhofft zu einem kurzen Email-Wechsel, der emblematisch alles in sich trägt, was ich als ultradeutsch empfinde. Ich bin mir aber nach wie vor nicht sicher, ob es nur feinste Ironie war und ich noch nicht bereit dafür bin.

Situation: In zwei Wochen findet die "International Night" statt, Austauschstudenten können ihr Land mit einem kleinen Stand repräsentieren, dann gibts ne Party. Von Deutschland kam bisher noch keine Rückmeldung an die Uni, daher schrieb ein Mädel eine Rundmail und fragte, wer was machen könnte und wollte, und was wir denn anbieten könnten (Essen, Musik, Quiz, Flagge, Karte...).

Meine Antwort an alle Empfänger der Mail war in etwa: "Flagge? hab ich, bring ich mit! Kuchen? Back ich, bring ich mit! Quiz? Mach ich zur Not auch! Musik? Hab ich nix Gescheites."

Eine Stunde nach meiner Antwort kam ne Email von einem Typen, die ich spontan ein bissel unter Schlaumeier-Verdacht stellte:

"Flagge und Karte gibts in der Botschaft. Ein kurzer Anruf genügt und dann kann man die Sachen abholen.
Was verstehst du unter deutscher Musik? Schlager, Bushido oder Bach? Noch dazu läuft da sowieso Musik und es ist ziemlich laut. Laptop Boxen bringen da nicht viel. Also müsste man schon eine kleine Stereoanlage mitbringen."

Alles drin eben, gute Tipps, verbalisierte Skepsis und die beliebte Kombination des unpersönlichem Konjunktivs. Gut, dachte ich, positiv bleiben und nicht gleich mal die rhetorische Keule auspacken, und antwortete salomonisch:

"Hallo (Name des Menschens),
rufst du jetzt in der Botschaft an? Hast du ne Stereoanlage? Wäre super, wenn wir deinen Beitrag gleich in Verantwortlichkeiten ummünzen könnten, denn die Ideen sind super.
ciao
Micha"

So könnte ich ihn vielleicht gleich schön einbinden, ohne dass er es merkt. Wie falsch ich doch lag! Postwendend die Antwort:
"Ich habe weder eine Stereoanlage noch werde ich bei der Botschaft anrufen. Ich hab das alles im letzten Semester gemacht und wollte mich daher dieses Jahr zurueckhalten und nur Anregungen geben. Liebe Gruesse"

Also wenn es in irgend einer Form witzig gemeint war, war es das beste seit langem. Vielleicht ist der Typ halt auch schon zu lange in Chile, um noch irgendwas selbst in die Hand zu nehmen. In jedem Fall bin ich froh, solche Emails nicht noch in einer Nachtschicht nach ner langen Disko-Nacht beantworten zu müssen - da werde ich dann meistens zu ehrlich in der Antwort...

Friday, March 11, 2011

Shakira, Shakira


Gestern waren wir beim Shakira-Konzert im Estadio Nacional und was soll ich sagen? ich werd mir die Dame nie wieder auf nem anderen Kontinent anschauen können. Unglaublich, wie ein Stadion mit knapp 50.000 Zuschauern mehr Lärm verursacht, als die (nicht mal allzu kleine) Soundanlage. Und ich meine damit, dass 50.000 Kehlen jedes Lied mitsingen und 50.000 Paar Füße im Takt mittanzen, dass man sich nicht sicher ist, ob es nicht doch gerade mal wieder ein kleines Erdbeben ist.

In jedem Fall äußerst sehens- und hörenswert und für knapp 30 Euro inklusive 5 Vorbands auch alles andere als vermessen im Preis. Dazu noch eine Männerquote (ja, sowas gibts auch) von unter zehn Prozent - und da sind schon die Eis-, Getränke- und Nüsschen-Verkäufer mitgezählt.

Auch das Stadion kann ich jedem passionierten Stadiongänger nur wärmstens ans Herz legen. Super Blick auf die Anden im Sonnenuntergang und beim Toilettendesign haben sich die Planer auch was Besonderes einfallen lassen. Die Pissoirs sind nämlich von innen an der Außenwand des Stadions befestigt und auf europäischer Kopfhöhe kann man ins freie auf den Vorplatz schauen oder sich einfach noch mal die Abendsonne auf die Fratze brühen lassen. Regnen tuts ja eh nie, da braucht man dann auch gar keine Fenster in die gefliesten Räume setzen. Tolle Sache, so eine Klo-Terrasse!

Tuesday, March 8, 2011

Willkommen an der UC

Die "Willkommenskommision der Universidad Católica" besteht aus Studenten, die als freiwillige Truppe Veranstaltungen für die Austauschstudenten organisieren. In der Einführungsveranstaltung durften sie sich auch kurz präsentieren, mit einem Clipmix der allerersten Güte.

Natürlich passen Inhalt und Form wieder mal exzellent zusammen. Das unangefochtene Highlight war ein Bild, auf dem zwei Mitglieder der Kommission vor einem Plakat posieren, auf dem sinngemäß "wider den Drogenmissbrauch und den Alkoholismus" stand. Höchstens zwei Sekunden später dröhnte dann folgendes Lied aus den Boxen und in der Folge war auf jedem zweiten Bild ein alkoholisches Kaltgetränk zu sehen.



Einige der Jungs auf der Bühne haben auch so ähnlich wie im Video getanzt. Nur damit auch gleich jeder weiß, was in der "Kommission" gespielt wird. Samstag fahr ich mit den Chaoten zum Rafting. Alle kennen meinen Namen schon, dass macht es einfacher.

Edit: Natürlich kann man das originale Musikvideo von Deutschland aus nicht sehen, aber das beiliegende Livematerial gibt ja auch Aufschluss darüber, wie die Herren Musiker der Abstinenz gegenüber eingestellt sind. Das Lied heißt übrigens "Shots!" - zu gut Deutsch "Schnäpse!"...

Die Hochzeit

Gut eine Woche nach dem Event an sich ist es auch an der Zeit, Bericht zu erstatten. Die Hochzeit von Julia und ihrem Daniel war ein voller Erfolg. Stilecht chauffierte mich der Taxifahrer zum Ort des Geschehens, einem unbeschreiblich schönen... ja was ist es eigentlich: Restaurant mit dem besten Blick über den Hafen? Tanz- und Eventlokalität? Oder einfach die durchsichtigste Tanzfläche der Welt mit einer sehr gut bestückten Bar? "La piedra feliz" von alldem nur das Beste!

Und anders als der gleichnamige Fels nahe Valparaíso stürzte sich hier niemand unglücklich in den Abgrund, ganz im Gegenteil. Wie zur Verhohnepiepelung gaben sich die beiden direkt auf der Bühne vor dem Abgrund (unter der gläsernen Tanzfläche ging es fünf Stockwerke abwärts) das Ja-Wort. Die Tanzfläche hielt den Abend auch ohne Murren aus, was die meisten Partygäste erst einsahen, als sich die (schwangere) Julia auf selbige schwang. In jedem Fall eine perfekte Location, die der Dani und seine Firma da hingesetzt haben. Schließlich war die Hochzeitsfeier die erste richtige Feuerprobe nach dem Umbau.

Zu Feuer gehört natürlich auch Wasser, Luft und Erde. Auf letzterer fand ich mich glücklicherweise nicht wieder - wohl aus Angst um meinen neuen Anzug hielt ich mich schadlos. Als wir dann jedoch zum Geschenke Auspacken in der Wohnung der beiden eintrafen, konnte auch beruhigt noch mal angestoßen werden. Alle Geschenke haben es auch unversehrt von Zoll* und anderen Widrigkeiten zur Übergabezeremonie geschafft und sind selbstverständlich begeistert entgegengenommen worden.

Dem gelungenen Abend entsprechend standen am nächsten Tag Wasser aus der Flasche und viel Luft vom nahegelegenen Meer auf dem Programm, zusammen mit Hanna aus Berlin und Julias Mama Marion sowie ihrer Schwester Anja. Julia und Daniel hatten sich zur zwei Nächte dauernden Hochzeitsnacht verdientermaßen entzogen und so sah ich sie vorerst nur noch kurz, bevor es am Montag Mittag zurück nach Santiago zur (nomen est omen) Orientierungswoche der Católica ging.



*Wer die Zollbestimmungen von Chile kennt, weiß dass sämtliche tierischen oder pflanzlichen Produkte beim Zoll argwöhnisch betrachtet werden. Deshalb hatte ich etwas Angst um Schwangerschaftstee und -streifenöl und sonstige Kostbarkeiten. Die Zöllner gaben sich aber damit zufrieden, mir die Dose Katzenfutter abzunehmen, die ich unser WG-Katze mitbringen wollte. Tipp an alle Reisenden, die Lebensmittel verzollen wollen: Immer ne Dose Katzenfutter mit einführen und sich abnehmen lassen!